Günther

Günther
I
Gụ̈nther,
 
als Günther XXI. Graf von Schwarzburg-Blankenburg (seit 1326), * Blankenburg 1304, ✝ Frankfurt am Main 14. 6. 1349; wurde am 30. 1. 1349 auf Betreiben der wittelsbachischen Parteigänger zum Gegenkönig Karls IV. erhoben (am 6. 2. gekrönt). Am 26. 5. 1349 verzichtete der schwer erkrankte Günther, in diplomatisch und militärisch ungünstiger Position, im Vertrag von Eltville gegen finanzielle Entschädigung auf seine Thronansprüche.
 
II
Gụ̈nther,
 
1) Adam Wilhelm Siegmund, Geograph und Mathematiker, * Nürnberg 6. 2. 1848, ✝ München 3. 2. 1923; Professor für Geographie an der TH München. Günther lieferte Beiträge zur Theorie der Kettenbrüche, Determinanten und Hyperbelfunktionen sowie zur mathematischen Geographie. Er beschäftigte sich auch mit der Geschichte der Mathematik, insbesondere mit der des mathematischen Unterrichts.
 
 2) Agnes, geborene Breuning, Schriftstellerin, * Stuttgart 21. 7. 1863, ✝ Marburg 16. 2. 1911; schrieb den schwärmerischen, teils an Märchenmotive anklingenden Roman »Die Heilige und ihr Narr«, der erst nach ihrem Tod erschien (2 Teile, 1913-14) und über 100 Auflagen erlebte; ferner »Von der Hexe, die eine Heilige war« (1913, Drama).
 
 3) Anton, österreichischer katholischer Theologe und Philosoph, * Lindenau (heute Lindava, Nordböhmischer Kreis) 17. 11. 1783, ✝ Wien 24. 2. 1863; 1821 Priester, ab 1824 Privatgelehrter in Wien. Schüler B. Bolzanos; von R. Descartes, I. Kant, J. G. Fichte, G. W. F. Hegel, dessen »Pantheismus« er später ablehnte, beeinflusst. Versuchte auf der Basis einer Anthropologie eine »ideelle Rekonstruktion des Christentums«, d. h. eine Begründung des Christentums als Wissenschaft, zugleich in der apologetischen Absicht einer Neubegründung des katholischen Dogmas. - Seine Philosophie, als Güntherianismus 1830-70 von großem Einfluss, brachte ihm den Vorwurf des »Semirationalismus« ein. Seine Werke wurden 1857 auf den Index gesetzt.
 
Werke: Vorschule zur speculativen Theologie des positiven Christenthums (2 Bände, 1828-29); Die Juste-Milieus in der deutschen Philosophie gegenwärtiger Zeit (1838).
 
Ausgabe: Gesammelte Schriften, 9 Bände (Neuausgabe 1882, Nachdruck 1968).
 
 
P. Knoodt: A. G. Eine Biogr., 2 Bde. (Wien 1881, Nachdr. 1981);
 P. Wenzel: Das wiss. Anliegen des Güntherianismus (1961);
 J. Pritz: Glauben u. Wissen bei A. G. (Wien 1963);
 B. Osswald: A. G. Theolog. Denken im Kontext einer Philosophie der Subjektivität (1990).
 
 4) Dorothee, Gymnastiklehrerin und Schriftstellerin, * Gelsenkirchen 8. 10. 1896, ✝ Köln 18. 9. 1975; gründete 1924 mit C. Orff als musikalischer Mitarbeiter die Günther-Schule für Gymnastik, Musik und Tanz in München, aus deren musikpädagogischen Erfahrungen das »Orff-Schulwerk« (1930) hervorging; verfasste Fachbücher, u. a. »Der Tanz als Bewegungsphänomen« (1962).
 
 5) Egon, Filmregisseur und Schriftsteller, * Schneeberg 30. 3. 1927; Lehrer, Verlagslektor, Dramaturg und Drehbuchautor, seit 1965 Regisseur im DEFA-Studio für Spielfilme. In seinen Romanen verarbeitet er oft autobiographisches Material (»Einmal Karthago und zurück«, 1974); auch Erzählungen, Gedichte und Kriminalromane. Bekannt wurde er durch seine Filme, v. a. seine Literaturverfilmungen, so »Lotte in Weimar« (1975), »Die Leiden des jungen Werthers« (1976). Er verließ 1978 die DDR und arbeitete seit 1981 häufig für das Fernsehen der Bundesrepublik Deutschland (»Exil«, 1981; »Morenga«, 1985; »Heimatmuseum«, 1988).
 
Weitere Werke: Filme: Lots Weib (1965); Wenn du groß bist, lieber Adam (1965 verboten, 1990 wieder aufgeführt); Abschied (1968); Junge Frau von 1914 (1970, nach A. Zweig); Erziehung vor Verdun (1973, nach A. Zweig); Ursula (1978); Stein (1991).
 
Romane: Flandrische Finale (1955); Der kretische Krieg (1957); Rückkehr aus großer Entfernung (1970); Der Pirat (1991); Palazzo Vendramin (1993).
 
 6) Franz Ignaz, auch F. I. Gịnter oder F. I. Gịnther, Bildhauer, * Altmannstein (bei Ingolstadt) 22. 11. 1725, ✝ München 28. 6. 1775; Meister der deutschen Rokokoplastik. Günther war 1743-50 Schüler von J. B. Straub in München, arbeitete 1751-52 bei P. Egell in Mannheim und besuchte 1753 die Akademie in Wien. Ab 1754 war er in München v. a. für kirchliche Auftraggeber tätig. Unter französischen und italienischen Einflüssen schuf er anatomisch virtuos gestaltete grazile Gewandfiguren in dezenter Farbigkeit. Die von leidenschaftlichem Pathos erfüllte barocke Gestik ersetzte er durch zarte Ausdrucksgebärden. Zwischen 1766 und 1770 näherte er sich dem Klassizismus. Günther hinterließ zahlreiche Skizzen und Entwürfe.
 
 
Werke: Ausstattung der ehemaligen Benediktinerabteikirche in Rott am Inn (1760-62); Schutzengelgruppe im Bürgersaal, München (1763); Altar der ehemaligen Augustiner-Chorherrenstiftskirche in Weyarn (1763); Verkündigungsgruppe (ebenda 1764); Hochaltar der ehemaligen Prämonstratenserklosterkirche Neustift, Freising (1765-68); Hochaltar der Alten Pfarrkirche in Starnberg (1766-68); Hochaltar der ehemaligen Benediktinerabteikirche in Mallersdorf (1768-70); Pietà in der Friedhofskapelle in Nenningen, Landkreis Göppingen (1774).
 
 
A. Schönberger: I. G. (1954);
 G. P. Woeckel: I. G. Handzeichnungen des kurfürstl. bayer. Hofbildhauers F. I. G., 1725-1775 (1975).
 
 7) Gotthard, Philosoph und Logiker, * Arnsdorf (Riesengebirge) 15. 6. 1900, ✝ Hamburg 29. 11. 1984; Professor in Illinois, später in Hamburg. Günther strebte eine Revision der Grundlagen der Logik und damit auch derjenigen der Philosophie an und versuchte auch Anregungen aus dem Bereich der Kybernetik fruchtbar zu machen. Er trat für die Erweiterung der klassischen zweiwertigen Logik durch eine mehrwertige Logik ein. Seine generalisierte Stellenwerttheorie (1962) stellt eine Neuinterpretation der mehrwertigen Logik dar.
 
Werke: Das Bewußtsein der Maschinen (1957); Idee und Grundriß einer nicht-aristotelischen Logik (1959); Beitrag zur Grundlegung einer operationsfähigen Dialektik, 3 Bände (1976-80).
 
 8) Hans Friedrich Karl, Philologe * Freiburg im Breisgau 16. 2. 1891, ✝ ebenda 25. 9. 1968; Verfasser rassistischer Werke in naturwissenschaftlichen geprägten Darstellungen. Seine Veröffentlichungen (z. B. »Rassenkunde des deutschen Volkes«, 1922, 121933) waren maßgebliche Grundlagen der national-sozialistischen Rassenideologie. 1930 wurde Günther Professor in Jena, 1934 in Berlin, 1939 in Freiburg im Breisgau (1945 vom Amt suspendiert).
 
 9) Johann Christian, Dichter, * Striegau 8. 4. 1695, ✝ Jena 15. 3. 1723; studierte Medizin in Wittenberg und Leipzig, strebte aber danach, von seiner Dichtkunst zu leben, überwarf sich mit seinem Vater und bewarb sich vergeblich um Gönner an den Höfen in Wien und Dresden; führte nach 1719 ein unstetes Leben, alle Versuche, eine Existenz zu gründen, scheiterten; starb im Elend. - Günther beherrschte den poetischen Formenkanon seiner Zeit vollkommen. Der größte Teil seines Werks besteht aus inhaltlich konventionellen Gelegenheitsdichtungen. Der früh einsetzende Nachruhm gründet sich auf die Liebes-, Studenten- und Klagelieder, in denen Günther seinem Gefühl und seinen Leiden einen subjektiven Ausdruck verleiht, der bis dahin in der deutschen Dichtung unbekannt war.
 
 
Ausgaben: Sammlung von J. C. Günthers aus Schlesien, Theils noch nie gedruckten, theils schon heraus gegebenen, Deutsche und lateinischen Gedichten, 4 Bände und Nachlese (1724-51); Sämtliche Werke. Historisch-kritische Gesamtausgabe, herausgegeben von W. Krämer, 6 Bände (1930-37, Nachdruck 1964); Gesammelte Gedichte, herausgegeben von H. Heckmann (1981).
 
 
W. Krämer: Das Leben des schles. Dichters J. C. G. (21980);
 R. Bölhoff: J. C. G.: 1695-1975. Kommentierte Bibliogr., Schriftenverzeichnis, Rezeptions- u. Forschungsgesch., 3 Bde. (1980-83);
 
J. C. G., hg. v. H.-L. Arnold (1982);
 
J. C. G., hg. v. H.-G. Pott (1988);
 L. Federmair: Die Leidenschaften der Seele J. C. G.s (1989).
 
 10) Matthäus, auch M. Gịndter, M. Gịnter und M. Gịnther, Maler, * Tritschenkreut (heute zu Peißenberg, Landkreis Weilheim-Schongau) 7. 9. 1705, ✝ Haid (heute zu Raisting) 30. 9. 1788; Schüler von C. D. Asam, der ihn nachhaltig beeinflusste. Ab 1730 lebte Günther in Augsburg, wo er 1762-84 Direktor der Stadtakademie war. Er malte für süddeutsche und Tiroler Auftraggeber weiträumige Wand- und Deckenfresken in Kirchen, Klöstern und Schlössern, oft in Zusammenarbeit mit Wessobrunner Stuckatoren. Seine Frühwerke stehen unter dem Einfluss der römischen Freskomalerei; ab 1740 wurden seine Kompositonen freier, die Farben lichter. In seinen Werken ab 1750 näherte er sich bereits dem Frühklassizismus. Günther schuf auch Tafelbilder und Radierungen.
 
Werke: Fresken in der ehemaligen Augustiner-Chorherrenstiftskirche in Neustift (1735-43), in der ehemaligen Abteikirche in Amorbach (1745-47), in der Pfarrkirche Wilten, Innsbruck (1754), im Schloss in Sünching, Oberpfalz (1761), in der ehemaligen Benediktinerabteikirche in Rott am Inn (1763).

Universal-Lexikon. 2012.

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